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Geomagnetisch induzierte Ströme ("geomagnetically induced currents", meist “GICs” abgekürzt) sind Ströme, die durch Transformatoren und Leitungen im Hoch- und Höchstspannungsnetz fließen. Sie sind eine Folge der Interaktionen zwischen Sonnenwind und Erdmagnetfeld und können erhebliche Auswirkungen haben.

In dieser ARTE-Dokumentation werden GICs von Prof. Herwig Renner von der Technischen Universität Graz beschrieben:

Beschrieben durch das Faraday’sche Induktionsgesetz führte jede Änderung eines Magnetfeldes zu einem elektrischen Wirbelfeld. Im Fall von Änderungen des Erdmagnetfeldes wird in der leitfähigen Erde ein elektrisches Feld induziert, welches Ströme in der Erdoberfläche treibt. Jede leitende, mit der Erde verbundene Infrastruktur bietet einen Pfad für diese induzierten Ströme. Elektrische Hoch- und Höchstspannungsnetze sind über Transformatoren starr geerdet und bieten daher einen niederohmigen Pfad für GICs. Die Frequenz von GICs ist viel kleiner als die 50 (60) Hz Netzfrequenz, daher können GICs als Gleichströme betrachtet werden.

In Leistungstransformatoren führen die überlagerten GICs zu Erwärmung und einem Gleichfluss im Transformatorkern. Bei hohen GICs kommt es durch den Gleichfluss zu Verschiebung des Arbeitspunktes auf der Hysteresekurve und folglich zu Halbzyklussättigungen. Dadurch steigen nicht nur die Geräuschemissionen auf höhere Pegel, sondern es kommt auch zu Verzerrungen im Magnetisierungsstrom und daraus resultierenden Verzerrungen in Strom und Spannung an den Transformatoranschlüssen. Der steigende Blindleistungsbedarf des Transformators muss gedeckt werden, um die Stabilität des Stromnetzes zu erhalten.  Kann der Blindleistungsbedarf nicht mehr gedeckt werden, da z.B. Kompensationsanlagen wegen Überlastung ausfallen, kommt es zu Großflächigen Stromausfällen wie 1989 im Hydro-Quebec Netz im Westen Kanadas. Die entstehende Wärme im Transformator kann bei hohen GICs zur thermischen Zerstörung führen, aber auch niedrigere GICs beschleunigen Alterungsprozesse und verkürzen so die Lebensdauer von Transformatoren. Die Verzerrung von Strom und Spannung durch gesättigte Transformatoren kann, wie 2003 in Schweden, zu Fehlauslösungen von Schutzgeräten führen.

Die Berechnung von GICs setzt sich im aus drei Teilbereichen zusammen: Die Messung des geomagnetischen Feldes, die Berechnung des resultierenden elektrischen Feldes und die Berechnung der Ströme und Auswirkungen im elektrischen Energienetz. Die Messung des geomagnetischen Feldes auf Erdniveau wird weltweit durch Observatorien (INTERMAGNET-Observatorien, z.B. das Conrad Observatorium in Österreich) durchgeführt, aber auch Satellitenmessungen werden für eine Vorhersage des magnetischen Feldes verwendet. Für die Berechnung des elektrischen Feldes werden Leitfähigkeiten der betrachteten Gebiete benötigt. Mittels 1D, 2D oder 3D Modellen der Erde, welche die Leitfähigkeit in Tiefen bis zu mehreren 1000 m beschreiben, wird ein elektrisches Potential an der Erdoberfläche berechnet.

Für die Berechnung der Ströme gibt es zwei verschiedene Ansätze: Der erste benötigt Stromnetzdaten (Leitungswiderstände, Transformatoren, Umspannwerkspositionen) und berechnet aus den Abständen zwischen geerdeten Sternpunkten und den Widerständen zwischen den Punkten einen resultierenden Strom im Transformator (hier gibt es wiederum zwei verschiedene Methoden). Der zweite Ansatz berechnet aus GIC-Messungen und elektrischen Feldern Faktoren für jeden Messpunkt und nutzt die gewonnen Faktoren für neue GIC-Berechnungen.

Die in Österreich verwendeten Berechnungsprogramme wurden von GeoSphere Austria und dem Institut für Elektrische Anlagen und Netze entwickelt. Die Programme verwenden zwar zwei unterschiedliche Berechnungsmethoden, liefern aber äquivalente Ergebnisse. Beide Berechnungstools sind auf github frei verfügbar (GEOMAGICA; LFC-Simulator, siehe Bild).

LFC-Simulator (TU Graz)

Bild: Der LFC-Simulator der TU Graz. Modellergebnisse mit LFC/GICs für einen geomagnetischen Sturm am 7. Sept. 2017 werden als Beispiel gezeigt.

GICs können zudem Probleme in unterirdischen Pipelines verursachen. Hier können GICs insbesondere Korrosion verstärken und damit Messungen zur Korrosionskontrolle beeinträchtigen. Obwohl Gleichströme in der Höhe von 30 A bereits in Rohrleitungen in Finnland gemessen worden sind, gibt es bisher noch wenige Forschungsgruppen und Firmen die sich intensiv mit dem Thema GIC in Pipelines auseinandersetzen.

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